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Gemeinsames Lernen an der Schule im grünen Winkel

 

 

1.) Rechtlicher Rahmen des Gemeinsamen Lernens

Im ersten Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) vom 5. November 2013 §2, Absatz 5 heißt es:

Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung. In der Schule werden sie in der Regel gemeinsam unterrichtet und erzogen (inklusive Bildung). Schülerinnen und Schüler, die auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind, werden nach ihrem individuellen Bedarf besonders gefördert, um ihnen ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaftlicher Teilhabe und selbstständiger Lebensgestaltung zu ermöglichen.“

Dies bedeutet, dass die sonderpädagogische Förderung in der Regel in der allgemeinen Schule stattfindet. Die Eltern können auch eine Förderschule wählen.  

 

 

2.) Auswirkungen auf unsere Schule

Die Grundgedanken unserer Arbeit im Gemeinsamen Lernen orientieren sich an den Leitzielen der Vereinten Nationen (Erklärung der UNESCO, 1994).

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„Jedes Kind hat einzigartige Merkmale, Interessen, Fähigkeiten und Lernbedürfnisse. Schulsysteme sollten so beschaffen sein, dass sie diese weite Variation in Merkmalen und Bedürfnissen berücksichtigen. Kinder mit besonderem Förderbedarf müssen Zugang zu allgemeinen Schulen haben, die ihren Förderbedarf im Rahmen einer kindzentrierten Pädagogik erfüllen sollten. Allgemeine Schulen mit inklusiver Orientierung sind die wirkungsvollsten Einrichtungen, um diskriminierende Vorurteile zu bekämpfen, eine integrierende Gesellschaft aufzubauen und eine „Erziehung für alle“ zu gewährleisten“.

Erklärung der UNESCO, Salamanca, 1994

 

Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention im März 2009 erhielt das Gemeinsame Lernen eine neue Perspektive.

Um die Gewährleistung eines inklusiven Bildungssystems zu ermöglichen, möchte sich unsere Schule als Schule verstehen, die auf dem „Weg zur Inklusion“ ist und dazu beitragen, die Leitziele der UN-Konvention umzusetzen.

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Für unsere alltägliche Arbeit bedeutet das:

1. Jedes Kind hat ein Recht auf Teilhabe.

2. Es ist normal verschieden zu sein > Wahrnehmung der menschlichen Vielfalt

 

Deshalb legen wir unserer Schwerpunkte auf:

1. die Förderung und Stärkung der eigenen Stärken,

2. individuelle Fördermaßnahmen

3. die Förderung des sozialen Miteinanders

4. die Förderung des kooperativen Lernens

5. sowie die Förderung und die Schulung der Selbständigkeit.

 

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2.1) Personelle Voraussetzungen/ Bedingungen

An der Umsetzung des Gemeinsamen Lernens an der Schule arbeiten die Klassenlehrkraft und eine Sonderschullehrkraft verantwortlich zusammen. Die Stundenzahl der sonderpädagogischen Lehrkraft in der Klasse richtet sich nach der Anzahl der Schüler mit Förderbedarf und dem Förderprofil der Schüler.

Das in der Klasse eingesetzte Personal ist für alle Schülerinnen und Schüler der Klasse gleichermaßen zuständig. Im Rahmen von Teamgesprächen werden der Unterricht und die Förderung im Gemeinsamen Lernens geplant und ausgewertet.

 

Für eine gute Teamarbeit sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

  • Offenheit, Vertrauen und Verständnis füreinander

  • Festlegung verbindlicher regelmäßiger Termine für gemeinsame Unterrichtsplanung, Unterrichtsarbeit und notwendige organisatorische und methodische Feinabsprachen

  • Absprache über gegenseitige Erwartungen, Rolle und Aufgaben der einzelnen Teammitglieder, Unterrichtsstile, Erziehungs- und Unterrichtsziele, Regeln und Normen

 

 

2.2) Pädagogische Leitlinien

2.2.1) Organisationsformen des Gemeinsamen Lernens

Für das Gemeinsame Lernen können verschiedene Organisationsformen gewählt werden, über die abhängig vom Förderprofil des jeweiligen Schülers nach Teamabsprache entschieden wird:

  • Individuelle Unterstützung im Rahmen des Teamteaching im Klassenunterricht (verantwortet von der Lehrkraft der Grundschule und der GL-Lehrkraft)

  • Fördergruppen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Klassenverbandes

  • Klassenübergreifende Fördergruppen für Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf

  • Maßnahmen zur Einzelförderung parallel zum Klassenunterricht

  • Maßnahmen zur Einzelförderung zusätzlich zum Klassenunterricht

 

Bei gemeinsam durchgeführten Unterrichtsstunden können Grundschullehrkraft und sonderpädagogische Lehrkraft gemeinsam oder abwechselnd die Führung übernehmen, oder eine unterrichtet, die andere beobachtet oder unterstützt.

 

 

2.2.2) Differenzierung

Das Gemeinsame Lernen allein bildet keinen eigenen Schwerpunkt unserer pädagogischen Arbeit und somit unseres Schulprogramms, sondern wird getragen durch das grundlegende pädagogisch-methodische Konzept unserer Schule, das Heterogenität als Lernchance bejaht und gegenseitige Wertschätzung nicht nur fordert, sondern bis in die Würdigung der Leistungen eines jeden Kindes hinein umzusetzen versucht.

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Wir befürworten das gemeinsame Lernen aller Kinder nicht nur im Blick auf Schule als Lernort, sondern auch in der täglichen Arbeit in der Klasse.

Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf erproben eigene Lernwege, nutzen eigene Lernstrategien und lernen dabei mit- und voneinander. Wichtig für eine individuelle Förderung im Klassenverband ist uns eine Differenzierung in Bezug auf Organisation, Material und Arbeitsformen. Dabei geht die Differenzierung auch vom Kind aus, das in einer vorbereiteten Lernumgebung auf differenzierte Materialien und verschiedene Lernpartner und Lernpartnerinnen selbstständig zurückgreifen kann.

Gemeinsamer Unterricht bedeutet darum für uns, dass die Kinder mit besonderem Förderbedarf innerhalb des Gesamtunterrichts in der Klasse gemäß ihrer Fähigkeiten arbeiten. Die phasenweise Arbeit mit einzelnen Kindern oder kleinen Gruppen ist dabei eine Unterrichtsorganisation, die alle Kindern einbezieht, unabhängig davon, ob die Kinder einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben oder nicht. Dabei ist das unterschiedliche Bedürfnis der Kinder nach Rückzug oder Arbeit in kleinen Gruppen zu berücksichtigen.

Lernen in sinnvollen Zusammenhängen, individuell und in der Gemeinschaft, ist für alle Kinder gleich bedeutsam. Die vielfältigen Situationen in der heterogenen Klassen- und Schulgemeinschaft bieten in Form eines „Lernen in Echtsituationen" hierzu zahlreiche Anlässe.

Zusammenfassend ist zu betonen, dass die Differenzierung ein Grundbestandteil eines für alle Schülerinnen und Schüler individualisierten und offenen Unterrichts ist. Dabei wird ein Voneinander-Lernen auf der Grundlage von Gemeinsamkeit und Gemeinschaft angestrebt.

Zwei Grundformen der Differenzierung finden Beachtung:

 

  • Es wird auch bei unterschiedlichen Lernzielen an gleichen / ähnlichen Lerninhalten gearbeitet. Sozial- und Aktionsformen, Medieneinsatz und personelle Unterstützung erfolgen differenziert. Die sonderpädagogische Förderung wird bestimmt durch die für den Einzelfall festgelegten individuellen Förderziele.

  • Es wird bei zielgleichem Unterricht und gleichen Lerninhalten methodendifferenziert gearbeitet.

 

 

2.2.3) Individuelle Förderung

Unser Ziel einer individuellen Förderung ist es, allen Kindern sowohl unterschiedliche Zugänge, Wege und Materialien als auch ein unterschiedliches Lerntempo zu ermöglichen.

Dies kann nur gelingen, wenn langsamer lernende Kinder die notwendige Zeit für ihre Entwicklung erhalten. Das wird besonders deutlich bei Kindern, die zieldifferent unterrichtet werden. Auch das Lernen in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen bietet hervorragende Möglichkeiten, jedes Kind in seinem Tempo lernen zu lassen, ohne innerhalb der Lerngruppe zunehmend isoliert zu werden.

Wir bieten immer wieder Inhalte an, an denen alle Kinder arbeiten können. Dabei ist jedes Kind gefordert, sein Bestes zu geben und sich mit den Anforderungen auf seine Weise auseinanderzusetzen.

Der Blick auf die Stärken jedes Kindes schafft die Grundlage dafür, dass das Kind sich auch selbstbewusst seinen Schwierigkeiten stellen kann. Bei der Diagnose und Erfassung von Lernständen und Lernfortschritten sind darum vor allem die Stärken und Potenziale des Kindes im Fokus und bilden die Grundlage jeder individuellen Förderung. An dieser Stelle unterstützt sonderpädagogische Arbeit die Erfassung von Lernständen und -fortschritten und trägt prozessbegleitende Diagnostik zur Klärung von Lernschwierigkeiten bei.

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Die Lehrkräfte regeln gemeinsam Belange ihrer Schülerinnen und Schüler und sprechen sich bei pädagogischen Entscheidungen ab. Beide Lehrkräfte sind für die Kinder und Eltern gleichermaßen Ansprechpartner.

Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang aber auch der Forderung nach möglichst vielen Klassenlehrerinnenstunden zu, da diese Organisationsstruktur ein hohes Maß an Kontinuität bedeutet. Auch die Gewichtung der „Zeit für Eltern“ und „Zeit für Reflexion“ stellt eine wichtige Voraussetzung für die Zusammenarbeit in einer integrativ arbeitenden Klasse dar. Dies erfordert ein hohes Maß an Zeit, Flexibilität sowie Kooperationsbereitschaft. 

 

 

2.2.4) Förderpläne

Ein zentrales Arbeitsmittel des Gemeinsamen Lernens ist der Förderplan. Es werden laufend Förderpläne entwickelt, die regelmäßig überprüft und evaluiert werden. Die Förderpläne begleiten den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler über ihre gesamte Schulzeit. Nach einer Beobachtungsphase erstellen die Förderschullehrkraft und die unterrichtende Lehrkraft gemeinsam einen Förderplan. Die Verschriftlichung übernimmt die Förderschullehrkraft. Der Förderplan wird in regelmäßigen Abständen überprüft, angepasst, überarbeitet und fortgeschrieben.

  • Die Förderplanung zeigt den aktuellen Lernstand („Ist-Stand“) des Schülers/ der Schülerin auf und

formuliert Ziele und Maßnahmen, die zum Aufbau von Motivation, zur Entwicklung kognitiver und sprachlich-kommunikativer, motorischer und sozialer Kompetenzen beitragen.

  • Sie verzahnt fachliche Anliegen mit entwicklungsspezifischen Förderaspekten, bietet Hinweise auf Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht und für die Unterrichtsvorbereitung.

  • Die Förderplanung liegt in der gemeinsamen Verantwortung der beteiligten Lehrkräfte.

  • Die Förderplanung wird in regelmäßigen und kontinuierlichen Beratungsgesprächen mit den Eltern thematisiert.

  • Bei Bedarf wird im Sinne einer schulübergreifenden pädagogischen Netzwerkarbeit der Kontakt zu regionalen Fach- und Beratungsdiensten gesucht.

  • Lernmaterialien werden in gemeinsamer Absprache durch die beteiligten Lehrkräfte erstellt bzw. mit der Schulleitung nach Fördernotwendigkeit der einzelnen Schüler angeschafft.

 

 

2.2.5) Außerunterrichtliche schulische Aktivitäten

In Pausen sowie weiteren außerschulischen Veranstaltungen wie beispielsweise Leseabende, Klassen- und Schulfest etc. ist die Förderschullehrkraft Ansprech- sowie Kooperationspartner.

 

Eintägige und mehrtägige Schulwanderfahrten werden nach Möglichkeit von der Klassenlehrkraft und der sonderpädagogischen Lehrkraft durchgeführt. Nach individueller Prüfung fahren möglichst alle Kinder einer integrativen Klasse mit, da Klassenfahrten in besonderer Weise die Grundgedanken des Gemeinsamen Lernens erfahrbar machen.

 

 

2.2.6) Elternarbeit

Insbesondere bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf halten wir eine intensive Elternarbeit für besonders wichtig. Neben den Elternsprechtagen wird ein regelmäßiger gegenseitiger Austausch angestrebt, um so eine gute Zusammenarbeit zu ermöglichen. Die Eltern werden über Lernfortschritte ihres Kindes informiert und in die Förderplanung einbezogen. Es ist uns wichtig, dass auch die Förderung des Kindes im häuslichen Bereich fortgesetzt wird, damit das Lernen möglichst erfolgreich verläuft.

 

2.2.6) Bedarfsorientierte Beratung

Die Beratung ist ein integrierter Bestandteil der unterrichtlichen und erzieherischen Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern. Ein regelmäßiger Austausch miteinander bildet eine wichtige Grundlage, um sich über die Entwicklungs- und Lernfortschritte der Kinder auszutauschen und damit einhergehend Entwicklungs- und Förderziele festzulegen. Insbesondere bei Kindern mit Förderbedarf ist es besonders wichtig, sich über die Erfahrungen mit den Kindern auszutauschen und die Lehrkräfte zu unterstützen.

Wir erachten diesen Punkt als besonders wichtig und haben daher neben der Beratungs- und Elternsprechstunde der Sonderpädagogin außerhalb der Schulzeit auch Beratungsstunden innerhalb der Schulzeit installiert. In dieser Zeit unterstützt die Sonderpädagogin Kolleginnen und Kollegen innerhalb des Unterrichts.

Die bedarfsorientierte Beratung ermöglicht der Sonderpädagogin sich Kinder anzuschauen und innerhalb der Klassensituation zu beobachten, um dann gemeinsam mit der jeweiligen Lehrkraft präventive Maßnahmen zu besprechen und gemeinsam innerhalb der Klasse umzusetzen.

Folgende Beratungsfelder werden abgedeckt:

  • Information: Beratung über Bildungsangebote und Schullaufbahnen sowie fachliche und fächerübergreifende, die Laufbahn begleitende Beratung

  • Intervention: Beratung in Konfliktsituationen, bei besonderen Lern- und Verhaltensstörungen

  • Kooperation: Zusammenarbeit mit schulexternen Beratungsdiensten, Ausbildungsstellen und Bildungsinstitutionen

  • Prävention: Vorbeugende und fördernde Maßnahmen

 

 2.2.7) Zusammenarbeit mit außerschulischen Institutionen

Je nach Förderbedarf des Kindes stehen wir in Kontakt mit Kinderärzten, Therapeuten, Logopäden, Jugendamt, Psychologen sowie anderen Fachleuten.

Eine Vernetzung sehen wir als besonders wichtig an, um gemeinsam möglichst viel für das Kind zu erreichen und das Kind bestmöglich zu fordern und fördern. Eine Schweigepflichtentbindung wird vor Kontaktaufnahme mit den Fachleuten selbstverständlich eingeholt.

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